Protopisches Hallo an alle Protopionauten!
Vorab ein große Entschuldigung für die lange Pause! Wir hoffen, aber dass sie sich gelohnt hat, denn wir haben für die nächsten Newsletter eine ganze Reihe von neuen Ideen. Dieses Mal haben wir einen spannenden Mix aus einem überraschendem Experiment, einer hilfreichen Übung, einem inspirierenden Zitat und einem beeindruckenden TED-Talk. Viel Spaß beim Lesen und Diskutieren!
„Höre zu mit der Absicht zu verstehen, nicht mit der Absicht zu antworten.“
(Stephen Covey)[1]
Drogen im Rattenparadies
In den 70ern hatte der Wissenschaftler Bruce Alexander eine ziemlich überraschende Idee. Damals galt weithin: Drogen wie Heroin sind so stark und machen so schnell abhängig, dass nur ein Ausweg zu bleiben schien: harte Strafen, vollkommene Kriminalisierung und der Beginn des „Krieges gegen die Drogen“. Als Beweis diente ein bekanntes Experiment: Man sperrte Ratten allein in kleine Käfige. Dort gab es zwei Trinkflaschen – eine mit normalem Wasser und eine mit Morphium. Fast alle Ratten gingen immer wieder zu den Flaschen, bis sie irgendwann total abhängig waren und viele von ihnen starben. Die Droge war offensichtlich so mächtig, dass die Abhängigkeit schlicht der Lauf der Natur zu sein schien.
Der Wissenschaftler Bruce Alexander hatte aber seine Zweifel und führte mit Kollegen eine Variante des Experiments durch. Er baute den „Rattenpark“ – eine Art Luxuswohnung für Ratten. Mit viel Platz zum Rennen, Spielen, Kuscheln, mit leckerem Futter, Spielzeug und vielen anderen Ratten zum Chillen. Kurz alles, was das Rattenherz begehrt. Und das Ergebnis: Die gleichen Ratten, die vorher süchtig waren, verloren plötzlich das Interesse an der Droge. Sie tranken lieber normales Wasser. Viele wurden sogar ganz clean – ganz ohne Entzug oder Strafen. In so einem schönen Park gab es kein Grund sich in der Droge zu verlieren. Sucht hat offenbar viel mehr mit Einsamkeit und fehlenden (menschlichen) Verbindungen zu tun als nur mit der Macht der Droge.
„Das Gegenteil von Sucht ist nicht Nüchternheit. Das Gegenteil von Sucht ist Verbindung.“
(Johan Hari) [2]
Möchte man also die Zahl von abhängigen Menschen senken und den Drogen wirklich den Krieg erklären, ist es vielleicht eine bessere und zielführendere Idee, dem Bedürfnis nach ihnen den Boden zu entziehen und stattdessen unsere Gesellschaft und unser Zusammenleben so zu gestalten, dass wir Raum und Möglichkeiten für viele stabile soziale Beziehungen haben. Quasi einen Rattenpark für Menschen.
Law and Order, Brot und Peitsche, Boot Camp und Drill gehen komplett am Thema vorbei. Sechs setzen!
Einfach mal wieder melden!
2023 haben Forscher im Journal of Personality and Social Psychology ein paar spannende Experimente veröffentlicht.[3] Sie wollten wissen: Was passiert eigentlich, wenn wir uns einfach mal bei jemandem melden? Zum Beispiel mit einer kurzen Nachricht wie: „Hey, ich denk an Dich!“
Dabei kam raus: Ganz egal, ob man sich bei engen Freunden oder eher losen Bekannten meldete – die Leute, die die Nachricht verschickten, haben regelmäßig total unterschätzt, wie sehr sich die Empfänger darüber gefreut haben. Heißt: Andere freuen sich viel mehr von Dir zu hören, als Du wahrscheinlich denkst.
Eine Studie der Uni Chicago brachte ähnliche Ergebnisse. Die Probanden schrieben E-Mails an jemanden, der gerade eine schwere Zeit durchmachte. Und wieder zeigte sich: Die Absender dachten, die Nachricht kommt vielleicht komisch oder unangenehm rüber. Tatsächlich aber fühlten sich die Empfänger total positiv, fanden die Nachricht herzlich, und dachten, der Absender sei einfühlsam und kompetent. [4]
Also: Wir machen uns oft viel zu viele Sorgen, dass sowas seltsam wirkt – dabei kommt’s super an.
Das Ganze gilt übrigens nicht nur für Nachrichten. Auch kleine Gesten – jemandem einen Kakao schenken, ein nettes Kompliment machen oder mal Danke sagen – haben denselben Effekt. Diese kleinen Momente haben oft mehr Power, als man glaubt.
„Es ist an der Zeit, Deine Superkraft in die Tat umzusetzen. Mach einem Fremden ein Kompliment, lade einen Freund zum Mittagessen ein, oder stelle ihm einem neuen Kollegen vor. Du kannst jemandem die Hand reichen, wenn Du Dich strecken willst, oder jemandem, dem Du bereits nahe stehst, wenn du Tone oder Flex möchtest. Ob Du damit jemandem Mut gibst, Dich näher an eine andere Person rantraust oder einfach mal kurz Hallo sagst – es zählt. Und es kommt an. Mehr, als Du denkst.“
(Kasley Killam) [5]
Kunst kann Menschen verbinden
Hier einer der beeindruckendsten Ted-Talks, den wir kennen. Also, einfach – ohne Vorrede und Anwerbung – einfach mal gucken:
Wenn Du JR spannend und inspirierend findest, er hat einen wunderbaren Film gemacht, der „Tehachapi“ gemacht. Hier der Trailer:
Von diesem menschenverbindenden Projekt hat JR auch eine App gemacht. Sie heißt: JR:murals.
Protopische Grüße
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Bis bald und herzliche Grüße,
Andreas + Georg
Quellen:
(1) Zitiert nach: Celeste Headlee: We Need To Talk, S. 139.
(2) Johann Hari: Chasing the Scream, S. 293.
(3) https://psycnet.apa.org/doiLanding?doi=10.1037%2Fpspi0000402
(4) https://journals.sagepub.com/doi/10.1177/09567976221082942
(5) Killiam Kasley: Social Health